Im Gedenken an seine Eltern verfügte Otto Horn in seinem Testament, dass der überwiegende Teil des Vermögens in eine zu gründende selbstständige Stiftung bürgerlichen Rechts, der „Otto-und-Emma-Horn-Stiftung“, einfließen soll. Otto Horn hatte durch seinen wirtschaftlichen Erfolg über Jahrzehnte umfängliche Kunstsammlungen aufgebaut, die weitgehend in die beabsichtigte Stiftung fließen sollten. Otto Horn schied am 7.Mai 1945 aus dem Leben. Er wollte mit seiner Stiftung Maßnahmen der Stadtverschönerung, zur Unterstützung des Stadtmuseums, des Meißner Geschichtsvereins sowie für alte Meißner Bürger, bedürftigen Schülern und Studenten finanzieren. Er formulierte am Ende seines Testamentes:
„Ich gebe mich der bestimmten Hoffnung hin, dass meine Testamentsverfügungen, die ein Zeugnis meiner Liebe zur Heimat sein sollen, von den Vertretern des Staates und der Stadtbehörde so behandelt werden, wie sie ihre eigenen Verfügungen nach ihrem Tode behandelt wissen wollen.“
In den Nachkriegswirren kam es vorerst nicht zur Gründung der Stiftung. Bislang funktionierende Behördenstrukturen mussten neu aufgebaut werden, in der sowjetischen Besatzungszone war zudem der rechtliche Rahmen für Stiftungsgründungen nur eingeschränkt vorhanden. Erst mit der Gründung der DDR trat hier eine Änderung ein, auch wenn die Aufgabe vorerst in Länderhoheit verblieb.
Die Nachlassverwaltung übernahm bis zum Juni 1945 Stadtrat Kmoch und danach Paul Höndorf, der in der Stadtverwaltung Meißen als Finanzdezernent und Sparkassenleiter arbeitete. Unter der Nachlassverwaltung von Paul Höndorf kam es allerdings zu erheblichen Unreglmäßigkeiten und eigenmächtigen Handlungen, die nach langwierigen Diskussionen der Stadtverwaltung mit dem Nachlassgericht zur Ablösung und letztlich zu einer Anklage von Höndorf vor dem Amtsgericht Meißen im Jahr 1948 führten. Die Anklage von Höndorf blieb trotz öffentlicher Proteste ohne strafrechtliche Folgen. Die Vorgänge um Höndorf werfen auch nach über 60 Jahren noch zahlreiche Fragen auf. Es gibt offensichtlich einen Zusammenhang mit der Inhaftierung und Kriegsgefangenschaft von Stadtarchivar Helmuth Gröger in den Jahren 1946 bis 1948. Trotz des Einsatzes von Willy Anker wurde Gröger über zwei Jahre in sowjetische Lagerhaft genommen. Helmuth Gröger war der beste Kenner der Hornschen Sammlungen. Er hatte guten Kontakt zu Otto Horn und die Herren saßen manchen Abend über den Sammlungen, bevorzugt den Münzen. Diese Kenntnisse sind Helmuth Gröger wohl zum Verhängnis geworden. Er war für die Höndorfschen Machenschaften ein Störfaktor. Mit seinem Verschwinden hatte Höndorf in seinem Tun freie Bahn. So bleibt bis heute die Frage: wer waren die Strippenzieher? Es muss davon ausgegangen werden, dass derartige Fälle in der Sowjetischen Besatzungszone nicht ohne Administration oder Geheimdienst entschieden wurden. Welche Verbindungen hatte Paul Höndorf dorthin, ist hier die Erklärung für den Prozessausgang zu suchen?
1949 übernahm Helmut Reibig die Nachlassverwaltung der Stiftung, der mit Elan Ordnung in den Nachlass brachte. Zugleich wurde durch die Stadt Meißen ein Kuratoium aufgebaut, um eine bessere und breiter verteilte Kontrolle über die Stiftung zu haben. Zu dem Kuratorium gehörten damals neben Helmut Reibig Willy Anker, Erich Hutschenreiter und Dr. Karl Elling an. Auf der Grundlage der testamentarischen Verfügung von Otto Horn kam es am 01.10.1951 zur Gründung der Otto- und Emma-Horn-Stiftung durch das Land Sachsen.
Bald zeigten sich ernsthafte finanzielle Probleme bei der Führung der Stiftung. Die Gesetzgebung der DDR bewertete Stiftungen trotz der ausgewiesenen gemeinnützigen Zweckbestimmung wie Firmen. Es mussten Unternehmenssteuern und Erbschaftssteuern(!) an das Finanzamt abgeführt werden. So liefen Steuerschulden an, die bald aus den liquiden Stiftungsmitteln nicht mehr beglichen werden konnten. Zudem wurden Immobilien erheblich geringer im Wert als vor dem Krieg eingestuft, gleichwohl bleiben die Unterhaltungkosten hoch. Infolge konnten die Häuser nicht kostendeckend bewirtschaftet werden. Bald wurde auch erkennbar, das die neuen Machthaber gezielt Begehrlichkeiten gegenüber den einzelnen Sammlungen (Münzen, Möbel, Plastik) von Otto Horn entwickelten. Ein Beipiel ist der Ankauf von sechs bedeutenden mittelalterlichen Plastiken durch die Stadt Meißen für die Hälfte des Schätzpreises. Der Betrag wurde mit ausstehenden Schleusen- und Abfuhrgebühren verrechnet. Im Jahre 1954 wurde die Stiftung durch den Landkreis Meißen mit der Begründung einer absurd überzogenen Steuerüberschuldung in Höhe von über 590.000 D-Mark liquidiert.
In einem Gerichtsprozess vor dem Verwaltungsgericht Dresden über 50 Jahre später – im Jahre 2007 – zeigte sich, dass der Landkreis Meißen als Institution dafür nicht zuständig war. Die Stiftung hatte ja bekanntlich das Land Sachsen genehmigt. Damit wurde die Grundlage für die Wiederbelebung der Stiftung entgültig gesichert, der Anspruch auf die Vermögenswerte der Stiftung war damit geklärt.
Die Sammlungen befanden sich damals (seit 1945) bereits im Stadtmuseum Meißen, wo sie auch verblieben. Ein Sonderfall ist die Geschichte der Münzsammlung, deren wissenschaftliche Betreuung in Meißen nicht abgesichert werden konnte. Durch Verbindungen von Helmut Reibig zum Münzkabinett Berlin, Prof. Suhle war damals Direktor, wurde eine Leihgabe der Münzsammlung einschließlich der Bibliothek angebahnt. So kam die Münzsammlung als Leihgabe 1954 nach Berlin, wo sie bis 1963 verblieb. Durch Rückführungen von Berliner Münzbeständen aus der Sowjetunion reduzierte sich das Interesse in Berlin an der Hornschen Münzsammlung. Die versprochene Leistung des Leihvertrages – wissenschaftliche Ordnung der Sammlung – waren die Berliner ohnehin nicht nachgekommen.So übernahm infolge das Münzkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden die Bestände, der Leihvertrag wurde für die Dresdner Sammlung durch die Stadt Meißen modifiziert.
Die Bemühungen um die Rückführung der Münzsammlung durch die Stadt Meißen reichen bis in die 1980-er Jahre zurück. Die Sammlung befand sich immer auf der Grundlage eines Leihvertrages im Münzkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Seitens der Stadt wurde angestrebt, diesen Leihvertrag zu kündigen. Die Kunstsammlungen Dresden versuchten mit zahllosen Argumenten, wie fehlende wissenschaftliche Betreuung oder fachgerechte museologische Unterbringung im Meißner Museum, die Rückführung zu verhindern. Diese Absichten wurden vom Untergang der DDR eingeholt. Im Zuge der Wende artikulierten sich Stimmen aus der Meißner Bürgerschaft, die rechtliche Situation der Stiftung zu klären, um in dem Zuge endlich die Münzsammlung wieder nach Meißen zurückzuführen. In einer rechtlichen Stellungnahme durch ein Stuttgarter Rechtsanwaltsbüro wurde 1994 korrekt darauf verwiesen, dass allein die Stiftung anspruchsberechtigt wäre und nicht die Stadt Meißen. Zu dem Zeitpunkt gab es die Stiftung bekanntlich noch nicht (wieder). Warum seitens der Stadt Meißen wenige Wochen später eine andere Rechtsanwaltsanzlei damit bauftragt wurde, die Münzsammlung für die Stadt auf dem Rechtsweg über eine Klage nach dem Vermögensgesetz zu sichern, muss eine offene Frage bleiben. Der Rechtsweg wurde bekanntlich bis vor den Bundesgerichtshof durchgefochten. 1998 stand dann mit höchstrichterlicher Entscheidung fest, dass die Stadt keinen Anspruch auf die Münzsammlung hat. Parallel dazu bemühte sich die Stadt Meißen seit 1996 um die Wiedererrichtung der Otto-und-Emma-Horn-Stiftung. Dazu gab es intensive Kontakte mit der zuständigen Stiftungsaufsicht des Landes Sachsen, die hier konstruktiv beratend zur Seite stand. Im Oktober 1997 sollte es endlich soweit sein: die Otto-und-Emma-Horn-Stiftung Meißen existierte wieder. Es war der Fall einer Wiederbelebung, da eine rechtswirksame Liqiudierung 1954 nicht stattgefunden hatte. Nun gab es auf dem Papier eine Stiftung, der jedoch ihre Vermögenswerte abhanden gekommen waren.
Als erster Stiftungsverwalter wurde 1998 der damalige Stadtkämmerer Alexander Thomas berufen. Einer seiner ersten wichtigen Schritte war die Verständigung mit der Stadt Meißen über die Stiftungsimmobilien, die zwischenzeitlich der Stadt zugeordnet worden waren. Das waren der Baderberg 2, der Schloßberg 13 und 14 sowie die Elbstr. 11. Der grundbuchrechtliche Eigentumsübergang erfolgte im Jahr 2000. Damit war die Stiftung zumindest eingeschränkt handlungsfähig, das war ein existentieller Punkt! Weiterhin war die Sicherung der Hornschen Sammlungen und weitere Vermögenswerte zu verfolgen, die den Großteil des Stiftungsvermögens darstellen. Dazu wurde ein Antrag an das Amt für offene Vermögensfragen beim Landkreis Meißen im Januar 1998 gestellt. Der Zeitpunkt war unter juristischem Blickwinkel einfach zu spät gestellt worden, dazu hatte die damals in der Pflicht stehende Anwaltskanzlei keine Hinweise geliefert. Nach dem Vermögensgesetz gilt bekanntlich die 14-Tage-Frist für die Einsetzung in den vorherigen Stand. Im Januar 2000 kam der ablehnende Bescheid des Landesamtes für offene Vermögensfragen. Klar, das war zu erwarten. Wie sollte es weitergehen?
In der Zeit fand ein Wechsel bei der Verwaltertätigkeit statt. Alexander Thomas hatte in Dresden eine andere Arbeit aufgenommen, das war von den Zeitumständen mit der Führung der Stifitung nicht kompatibel. Tom Lauerwald wurde von Alexander Thomas für die Aufgabe bei der Stiftungsbehörde entsprechend der Satzungsreglung vorgeschlagen. Die Stiftungsbehörde bestätigte den Vorschlag und seit Februar 2000 steht Tom Lauerwald in der Verantwortung für die Stiftung.
Gerade in diesen Tagen kam der ablehnende Bescheid des Landesamtes für offenen Vermögensfragen. Es blieben nur wenige Tage, um zu sondieren, wie es weitergehen soll. Die erste Intention war: die Stiftung kann nur mit absolut professioneller Beratung gerettet werden. Es war völlig offen, ob wir in dem Verfahrenn überhaupt Erfolg haben könnten. Zudem war der Streitwert für die Stiftung hoch, danach berechnen sich die Gerichtsgebühren und auch die Anwaltkosten. Extrem kurzfristig musste die Suche nach der Rechtsanwaltskanzlei erfolgen, das waren gerade mal 2 Tage! Nörr-Stiefenhofer-Lutz in Dresden, namentlich Rechtsanwalt Michael Eggert, wurde der Partner. Das Klageverfahren wurde fristgemäß auf den Weg gebracht – im Februar 2000. Dieses Verfahren fand im April 2007 (!) vor dem Verwaltungsgericht Dresden seinen Abschluss, in dem festgestellt wurde, dass die Ansprüche der Stiftung nicht nach dem Vermögensgesetz entschieden werden können, da die Stiftung ja bekanntlich nie rechtwirksam liquidiert wurde. So war der Weg für eine zivilrechtliche Durchsetzung der Ansprüche zumindest offen. Unsere außergerichtlichen Bemühungen mit dem Freistaat Sachsen über die Münzsammlung und dem Bund über die Immobilien Elbstr. 9 und 10 hatten seit 2000 keine Bewegung in die Angelegenheit gebracht. So richtig ernst nahm die Stiftung keine der angesprochenen Institutionen.
Mit dem Gerichtsentscheid änderten sich sofort die Verhältnisse. Es kam zu konstruktiven Gesprächen mit dem Freistaat und dem Bund. Die Entschädigung über die Immobilien auf der Elbstraße war der erste Schritt. Bei der Münzsammlung gestalteten sich die Verhandlungen langwieriger. Letztlich wurde ein für beide Seiten akzeptabler Weg gefunden. Wichtige Teile der Münzsammlung erwibt das Münzkabinett Dresden, weitere Sammlungsteile werden in absehbarer Zeit dem Münzhandel angeboten. Über den Ankauf wurde mit dem Freistaat ein Vertrag abgeschlossen, der die Münzübernahme in einem Wert bis zu 500.000 € vorsieht. In dem Vertrag war eine Ratenzahlung bis 2014 vorgesehen. Die Kunstsammlungen kamen dieser Vereinbarung vorfristig nach. Bereits im Jahre 2012 wurden die offenen Raten vollständig gezahlt. Bis Ende 2013 erfasst das Münzkabinett die komplette Münzsammlung Horn nach dem sogenannten Daphne-Standard.
Nach der erfolgreichen Unterzeichnung des Vertrages über die Münzsammlung galt es für die Stiftung den nächsten und letzten Schritt bei der Wiedererlangung des Vermögens umzusetzten. Im Stadtmuseum sind die Plastiksammlung, die Plakettensammlung, die Uhrensammlung und die Zinnsammlung Horn, alles Stiftungsvermögen entsprechend dem Testament, seit 1945 untergebracht. Das erste Schreiben wurde an die Stadt Meißen im Dezember 2010 gerichtet. Auch hierbei galt es zahlreiche Detailfragen zu prüfen und zu klären. Es gibt bei ausgewählten Sammlungsstücken bis heute strittige Auffassungen. Das kann im Detail erklärt werden, würde aber den Platz der SEite überstrapazieren. Über den Großteil des Sammlungen konnte aber Einigung erzielt werden. Im Mai 2012 wurde mit einem Stadtratsbeschluss das Eigentum der Stiftung an den Sammlungen anerkannt.
Alle Stiftungsgebäude befanden sich 1998 in einem baulich bedenklichen Zustand. Durch Herrn Thomas wurden die ersten Sanierungsvorhaben in die Wege geleitet. Zuerst erfolgte die Außenhüllensanierung von Schloßberg 13 und 14, die im Jahre 1999 abgeschlossen wurden. 2004 folgte der Rückbau der Hofbebauung Baderberg 2 und der Einkürzung des Baderberg 3 zur Herstellung einer Hofzufahrt. 2007 konnte die Komplettsanierung Schloßberg 14 mit der Einrichtung von 3 Wohnungen abgeschlossen werden. Ende 2012 haben wir mit der Außenhüllensanierung vom Baderberg 2 begonnen, die voraussichtlich im Juni 2013 abgeschlossen wird. Fortlaufend sind im Baderberg 2 in den letzten Jahren kleine Sanierungsschritte realisiert worden, so dass der Vermietungsstand in dem Gebäude ca. 70 % erreicht hat. Bei allen größeren Vorhaben konnten wir auf die Unterstützung von Fördermitteln im Sanierungsgebiet „Historische Altstadt“ bauen, ein für die Stiftung fundamental wichtiger Punkt bei der Bewältigung des DDR-Erbes. Wir sollten nicht vergessen, wie die Altstadt 1990 aussah – auch wenn die Situation in der Meißner Altstadt immer noch kritisch bleibt.